Am Freitag den 10.09.2021 eröffneten wir seitens der Steuerungsgruppe Fairtradetown in der Volkshochschule Ludwigshafen die Faire Woche zum Thema „Menschenwürdige Arbeit“. Nach einem Grußwort von Sozialdezernentin Beate Steeg zeigten wir den Film Frau Vater – Die Geschichte der Maria Einsmann von Barbara Trottnow. Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte von Maria Einsmann, die in den 1920er Jahren Männerkleidung anziehen musste, um Arbeit zu finden, von der sie sich und ihre Freundin Helene Müller, die später noch zwei Kinder bekam, ernähren konnte. Erst nach 12 Jahren wurde entdeckt, dass es sich bei Joseph Einsmann eigentlich um eine Frau handelte. Der sehr gut gelungene Dokumentarfilm zeigt sich als eine Mischung aus Spielfilmszenen und Interviews, unter anderem auch mit der Enkeltochter von Helene Müller und einer Zeitzeugin, deren Großmutter im gleichen Haus wie die Familie Einsmann lebte.
Zur anschließenden Diskussion, die von Petra Paula-Marquardt (VHS Ludwigshafen) moderiert wurde, waren vier Expert*innen eingeladen: Die Regisseurin Barbara Trottnow, Professorin Dr. Karen Nolte von der Uni Heidelberg, die zu lesbischen Lebenswelten im deutschen Südwesten der 1920er bis 1970er Jahre forscht, Susanne Diehl, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ludwigshafen und Rüdiger Stein, der DGB-Regionsgeschäftsführer für die Vorder- und Südpfalz. Mit unseren Expert*innen beleuchteten wir verschiedene Facetten des Films, die damals wie heute aktuell sind. Der Gender Pay Gap beschreibt zum Beispiel auch heute noch die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen. Dies lässt sich zum einen darauf zurückführen, dass Frauen häufiger soziale Berufe wählen, die bekanntermaßen schlechter bezahlt sind, zeigt sich aber auch bei gleichem Beruf mit gleicher Qualifikation. Auch im globalen Süden werden Frauen schlechter bezahlt als Männer. In diesem Zusammenhang berichtete Rüdiger Stein von Frauen in Südamerika, die sich ähnlich Maria Einsmann als Männer verkleiden müssen, um lukrativere Arbeitsplätze in Minen zu bekommen. Neben der ungleichen Bezahlung von Mann und Frau sind die Unterschiede vor allem auch global stark ausgeprägt. So reicht im globalen Süden das Gehalt eines/r Arbeiters/in häufig nicht zum Leben aus, obwohl diese 7 Tage die Woche arbeiten. Hier soll in Zukunft das Lieferkettengesetz eingreifen, das voraussichtlich am 25.10.2021 in einer Online-Veranstaltung der Steuerungsgruppe Fairtrade-Town Ludwigshafen genauer unter die Lupe genommen wird. Weitere Informationen folgen in Kürze auf www.faires-lu.de.
Die fehlenden Kenntnisse über die Art der Beziehung zwischen Maria Einsmann und Helene Müller erklärt sich Prof. Dr. Karen Nolte unter anderem damit, dass es damals noch keine Bezeichnung für gleichgeschlechtliche Beziehungen gab, da sie in der Gesellschaft nicht akzeptiert wurden. Auch wenn heute die queere Bewegung besser akzeptiert wird, wird sie dennoch häufig Opfer von Ausgrenzung, Mobbing und Schlimmerem. Davon konnte auch eine junge Schulabgängerin berichten, in deren Stufe ein Junge aus diesem Grund ausgegrenzt wurde.
Nach der regen Diskussionsrunde, an der sich auch viele Zuschauer*innen beteiligten, blieben viele noch für weitere Gespräche bei einem Gläschen Bio-Wein sowie fairen Bio-Snacks und ließen den Abend gemütlich ausklingen.
Wir möchten uns herzlich bei unseren Expert*innen für die Teilnahme an diesem wundervollen Abend und die Betrachtung des Films aus den verschiedensten Blickwinkeln bedanken. Auch an alle Zuschauer*innen ein herzlicher Dank für das so zahlreiche Kommen, dass die Veranstaltung schon im Vorfeld ausgebucht war! Wir haben uns sehr gefreut, dass auch neue Gesichter dabei und alle Altersklassen vertreten waren. Vielen Dank auch an die Landeszentrale für politische Bildung für die Unterstützung. Und natürlich einen herzlichen Dank an die VHS Ludwigshafen, dass wir die faire Woche in der VHS eröffnen konnten und an Petra-Paula Marquardt, die die Hauptorganisation übernommen hat.
Für alle die noch mehr Aktion zur fairen Woche wollen: Am Freitag den 17.09.2021 findet ab 16 Uhr unsere Kleidertauschparty statt!